Machtkritische Reflexion Ihrer Schreibgruppenangebote
Mit diesem Impuls sind Sie eingeladen,
Ihre eigenen Seminar-Angebote auf fünf Ebenen machtkritisch zu reflektieren (vgl. Aukongo/Damm 2023). Nutzen Sie als sie dazu die folgenden Fragen und notieren Sie Ihre Antworten, Gedanken und Gefühle, z.B. in Stichpunkten als Listentext, oder als Dialog mit sich selbst, als Gedicht, Erzählung, Textfragment oder einer anderen Textsorte Ihrer Wahl.
Wie steht es um Wissen/Inhalte des Seminars?
– Welches Wissen vermittele und zentriere ich?
– Welche Texte, welches Material und welche Medien werden zur Verfügung gestellt?
– Was wird als relevant, was als irrelevant aufgefasst?
– Welche Normen werden reproduziert (z.B. Konzepte von Liebe als heterosexuell und monogam, von Geschlecht als binär, natürlich und unveränderlich, etc.)?
– Inwiefern werden gesellschaftliche Machtverhältnisse, z.B. Klassismus, Rassismus, Ableismus etc. thematisiert und problematisiert?
Mit Blick auf die eigene Methodik/Didaktik:
– Wie imaginiere ich meine Zielgruppe(n)? (z.B. als weiß, heterosexuell, ablebodied, mit bildungsbürgerlichem Background; als benachteiligt, anders…).
– Wie nehme ich Diversität in der Zielgruppe wahr bzw. was weiß ich darüber und was folgere ich daraus?
– Lade ich die Teilnehmenden ein, eigene Privilegien zu reflektieren?
– Werden die Teilnehmenden ermutigt, über Erfahrungen zu schreiben, die sie in deprivilegierten gesellschaftlichen Positionen machen?
– Und werden dieses Wissen, diese Erfahrungen, Perspektiven und Geschichten anerkannt und wertgeschätzt oder laufen Studierende Gefahr, dafür kritisiert und beschämt zu werden?
Welche Vereinbarungen und „Gepflogenheiten“ gibt es im Hinblick auf Kommunikation und Kooperation?
– Z.B. bzgl. diskriminierungs-sensiblem Feedback und Sprachgebrauch?
– Reflektiere ich meine Praktiken der Adressierung? (z.B.: Wen spreche ich als kompetent und/oder zuständig für welches Thema an und wen markiere ich dadurch ggf. als anders oder als Expertin für Migration oder für Gefühle etc.?)
– Ist der Schutz vor Diskriminierung gewährleistet bzw. mit bedacht?
– Wird kommuniziert, wie mit Störungen umzugehen ist und an wen Studierende sich im Diskriminierungsfall wenden können?
– Wie werden Arbeitsgruppen gebildet?
– Welche Sprache wird gesprochen?
– Wer spricht wie viel und wer wird gehört?
– Und wer schweigt oder wird zum Schweigen gebracht?
Welches Rollenverständnis und welche Haltung habe ich als leitende/lehrende Person?
– Verstehe ich mich selbst auch als Lernende im Prozess?
– Reflektiere ich meine soziale Positionierung in pädagogischen und gesellschaftlichen Machtverhältnissen?
– Welche gesellschaftlichen Positionierungen sind durch die Workshopleitung (nicht) repräsentiert?
– Bin ich bereit, hegemoniale Normen kritisch zu hinterfragen und bei Diskriminierung zu intervenieren? Etc.
Und wie sieht es aus mit dem Setting/Rahmen?
– Ist es diskriminierungs-sensibel und barrierefrei gestaltet?
– Z.B. im Hinblick auf: Seminar-Zeiten, Teilnahmevoraussetzungen und -gebühren, analoge und digitale Räume, Gruppengröße und -zusammensetzung etc.?
Quelle: Aukongo, Stefanie-Lahya/Damm, Nadja (2023): Lehrbrief zum Wahlpflichtmodul Critical Diversity im Masterstudiengang Biografisches und Kreatives Schreiben. Berlin: ASH Berlin. Internes Dokument.
P.S.: Eine ähnliche Anregung zur diskriminierungskritischen Reflexion der eigenen Angebote an der Schnittstelle von Bildung und Kunst bieten Carmen Mörsch und Kolleg*innen mit der „Entwicklung eines praxisforschungsbasierten Curriculums für eine diskriminierungskritische Aus- und Weiterbildung an der Schnittstelle von Bildung und Künsten. Dieses Curriculum und die damit verbundenen Lehr- und Lernmaterialien“ (Mörsch 2018: o.S.) finden sich online unter https://diskrit-kubi.net